Über Filipowa

Der Ort Filipowa heißt heute Backi Gracac. Er liegt in der Batschka, heute ein Teilgebiet der Autonomen Provinz Vojvodina, in der Bundesrepublik Serbien.

Seine donauschwäbischen Einwohner wurden 1944-1948 teils vertrieben, teils getötet, teils dem Tod in Lagern preisgegeben.

Die Überlebenden leben in Deutschland, Österreich, den USA, Kanada und Australien.

Sie pflegen immer noch einen Zusammenhalt, finden sich zu Gemeinschaftstreffen zusammen und dokumentieren ihre Kultur und Geschichte in Schriften und Büchern.

Vor Beginn des Jugoslawienkrieges 1941 wurden vier führende Persönlichkeiten der Ortsgruppe des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes von den jugoslawischen Behörden als Geiseln in die Festung Peterwardein verschleppt; in anderen Orten vergleichbarer Größe lag die Zahl der Geiseln meist höher.

Nicht mit dem Schwert, mit der Pflugschar erobert; Kinder des Friedens, Helden der Arbeit!

In der Folge wird versucht, das ortsgemeinschaftliche Leben der in Österreich und Deutschland lebenden Filipowaer zu periodisieren.

Bei der Totenfeier im November 2018 wurde dem Ableben folgender verstorbener FilipowaerInnen gedacht:

Die meisten Menschen sind der Überzeugung, dass Heimat der Ort, die Landschaft, die Gegend ist, in der man geboren wurde und aufgewachsen ist; und das ist für die meisten Leser dieses Buches die Batschka, das ist FILIPOWA.
Die Schicksalsjahre um 1944 und 1945 vertrieben uns aus dem Ort, aus der Gegend flüchteten wir, wir verloren die Heimat im angegebenen Sinne. Dennoch fühlen wir uns daheim, wenn wir einer aus der Heimat stammenden Person oder Gruppe irgendwo in der weiten Welt begegnen. Heimat ist also mehr als Ort, Landschaft und Gegend. Zur Heimat gehören die Menschen.

1763 kam der kaiserliche Ansiedlungskomrnissar Baron Anton von Cothmann mit einer Anzahl deutscher Siedler nach Filipowa. Im selben Jahr begann man unter seiner Anleitung mit dem Bau einen Bethauses, das 1764 geweiht wurde. Vierzig Jahre später, 1804, begann man mit der Errichtung der Filipowaer Pfarrkirche. Sie wurde 1806 zu Lehren der Hl. Apostel Philippus und Jacobus geweihr. Das Gebaude .stand auf demselben Platz wie das Bethaus und hatte eine Grundflache von 43,7 mal 16,15 Metern.

Gemeinsam mit einer Gruppe ZeitzeugInnen und deren Nachkommen hat sich der österreichische Filmemacher Konstantin "Costa" Konstantinou in die serbische Batschka begeben, um (vielleicht) ein letztes Mal mit den Überlebenden die alte Heimat zu besuchen...

Auf der Reise zur 250 Jahrfeier der Gründung von Filipowa hat Costa eine Dokumentation gedreht, siehe auch Facebook-Seite (Link zu Facebook).

Um die Jahrhundertwende gab es in Filipowa vier Schulräume und 540 schulpflichtige Kinder. Die Schulraumnot war beängstigend. Das Komitat (so hießen die ungarischen Verwaltungsprovinzen) verlangte in einem Erlass von 1902 die Errichtung von neuen Räumlichkeiten für die Schule.

Pfarrer Josef Martin unterbreitete 1902 der Gemeindeleitung den Vorschlag, ein Kloster samt Schule zu bauen. Berufen werden sollten die „Armen Schulschwestern Unserer Lieben Frau“.

Am Abend des 24. November 1944 wurden alle von der Gemeinde robotartig organisierten kollektiven Arbeiten abgesagt, da eine Abteilung der „Krajiska brigada- im Dorf angekommen war. Über die Folgeereignisse lässt man am besten zunächst einen Augenzeugen berichten, den damals in Filipowa tätigen Kaplan Paul Pfuhl:

Etwa 70 Männer und Burschen waren nach dem Abzug der Todgeweihten im Kirchhof zurückgeblieben. Wie es ihnen ergangen ist, berichtet Fabian Held, ein Mitbetroffener und Augenzeuge:

„Als die größere Gruppe von 212 Personen den Befehl zum Abmarsch erhielt, wusste man noch nicht, wo die hingetrieben würden und auch nicht, was mit der kleinen Gruppe von etwa 70 Männern geschehen werde. Dass dieses Auslesen nichts Gutes bedeutete, war uns klar. Der gesamte Vorgang deutete auf etwas Schlimmes hin; jeder von uns rechnete mit seinem baldigen Ende.

Am 25. und 28. Dezember 1944 wurden 54 Männer (zwischen 17. und 44 Jahren und 185 Frauen (zwischen 16 und 36 Jahren), demnach insgesamt 239 Personen aus Filipowa in die Sowjetunion deportiert - als Stalins Reparationssklaven. Sie kamen am 21./22. Januar 1945 in ihren Bestimmungsorten im Donjetzbecken an. Die Letzten wurden im November 1949 entlassen. Es verstarben 28 Männer und 25 Frauen = 53 Personen, das sind 22 Prozent.

Einige Streiflichter aus den Berichten von Anna Urich und Anna Wildmann.

Über die Vertreibung der Filipowaer aus ihren Häusern und ihrem Heimatort sowie über das Ende von Filipowa als einer donauschwäbischen Gemeinde nach 182 Jahren haben wir den Bericht des Tagebuches von Paul Mesli, der dieses aus allen Gefahren des Lagerlebens in die Freiheit retten konnte. Mesli war mir einem aus Männern bestehenden Arbeitskommando schon in der ortseigenen Volksschule interniert. Wie sie als Zehnjährige die Austreibung erlebte, schildert Rita Prost-Pertschy in ihrem Buch „ Das Heimweh der Simon Rita“, Sersheim 1994, S, 54-57.

1963 reift unter den Filipowaern in Wien der Entschluß, einen politisch neutralen und am altheimatlichen Glauben orientierten Verein in Österreich zu gründen.

Im gleichen Jahr laufen die Sondierungsgespräche an. Maßgebende Männer wie Valentin Kupferschmidt und Prälat Dr. Anton Lepold, Martin Haas und Msgr. Mathias Johler befürworten die Vereinsgründung.

Vertreibung

Teil 1: Vertreibung

Vor Beginn des Jugoslawienkrieges 1941 wurden vier führende Persönlichkeiten der Ortsgruppe des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes von den jugoslawischen Behörden als Geiseln...

Weiterlesen

Die Eckdaten der Ortsgeschichte

Teil 2: Die Eckdaten der Ortsgeschichte

Nicht mit dem Schwert, mit der Pflugschar erobert; Kinder des Friedens, Helden der Arbeit!

Weiterlesen

Neues Gemeinschaftsleben

Teil 3: Neues Gemeinschaftsleben

In der Folge wird versucht, das ortsgemeinschaftliche Leben der in Österreich und Deutschland lebenden Filipowaer zu periodisieren.

Weiterlesen